Seit letzter Woche bin ich damit beschäftigt, unsere Zypern-Reise zu stornieren. Mitte Juni wären wir geflogen – wobei: Laut diesem besch… Online-Portal (ich mag keinen Namen nennen – aber Bravo werden wir sicher nicht rufen!) ist die Buchung nach wir vor bestätigt. Sie wollen uns die Boardkarte sogar in 11 Tagen zustellen! Dabei hat uns die Airline schon mitgeteilt, dass der Flug gestrichen wurde. Ich weiß eh, dass sich schlussendlich alles regeln wird und dass das Jammern auf hohem Niveau ist – immerhin ist es nur die Absage eines Urlaubs. Es nervt trotzdem, denn ich hätte mir nicht gedacht, dass es derart mühsam wird. Allerdings muss ich auch sagen: Bei Airbnb waren alle super – von den Hosts bis zum Unternehmen. Und wir freuen uns jetzt schon aufs Kennenlernen – sobald es halt wieder möglich ist.
Jetzt aber bleiben wir erst mal daheim – voraussichtlich ohne Urlaub. Und das ist vollkommen OK. Nicht weil wir erst Anfang des Jahres in Namibia waren. Sondern weil wir keinen Urlaub brauchen. Wir lieben, was wir tun, und fühlen uns nicht urlaubsreif. Wir reisen einfach gern. Und wir werden das weiterhin tun.
Daran hat auch Claudia Endrichs Buch „Das nächste Mal bleib ich daheim“ nichts geändert, das Mitte Februar erschienen ist – also einen Monat, bevor Corona dem Reisen eine Absage erteilt hat. Als hätte sie es gewusst. Ich habe Claudia vor gut zehn Jahren kennengelernt, als sie in der PR-Agentur, für die ich damals gearbeitet habe, ein Praktikum gemacht hat. Danach hab ich nur noch per Facebook mitbekommen, dass sie zwar in Wien studierte, aber eigentlich immer irgendwo unterwegs war. Und dann schreibt sie ein Buch, in dem sie ihre Reiselust, das Reisen an sich und vor allem das viele Fliegen hinterfragt. Sie denkt über klimapolitischen Konsequenzen nach, geht mit den – wie sie sie nennt – Travellern zum Teil sehr hart ins Gericht, obwohl sie selbst eine ist (oder war) und das auch weiß.
Claudia hat recht – zum Teil. Ich finde es auch nicht ok, dass Geschäftsleute wegen eines Termins von Altenrhein nach Wien jetten oder noch schlimmer um die halbe Welt. Doch das wird sich dank Corona ja möglicherweise ändern. Genauso wenig kann ich es bei Urlaubsreisen nachvollziehen, dass man jede Nacht woanders ist, nur um am Ende sagen zu können: „Wir haben das ganze Land in zehn Tagen gesehen.“ Wir bleiben immer länger an einem Ort, selbst wenn das bedeutet, dass wir lediglich das halbe Land – wenn überhaupt – sehen. Und ja: Jeder Flug ist eine immense Belastung für die Umwelt. In der Hinsicht kann ich schlichtweg sagen: Schuldig im Sinne der Anklage.
Wo ich mit Claudia allerdings nicht d’accord gehen kann, ist ihre Aussage, dass es beim „Travelling“ nur darum geht, seinen Selbstwert zu steigern. Zumindest was uns angeht. Reisen sind für uns keine Ego-Trips, keine Trophäen, die wir sammeln und als Fotoalbum aufs Regal stellen. Reisen bedeutet für mich, meinen Horizont zu erweitern. Zu erfahren, wie wunderschön die Welt ist und wie herzlich die Menschen sind, wenn man ihnen entsprechend begegnet. Und mir gleichzeitig darüber bewusst zu werden, wie unglaublich klein und unbedeutend wir doch sind. Es bedeutet, meiner Seele die Möglichkeit zu geben, zu wachsen, sich in einem Land zu verlieren und dort zu bleiben.
Empfehlung mit Aber. Ich finde es toll, dass Claudia dieses autobiografische und mit zahlreichen Fakten unterlegte Buch geschrieben hat. Dass sie mit viel Selbstironie ihr bisheriges Leben überdenkt. Und wenngleich ich in vielen Dingen nicht mit ihr übereinstimme, ist das keine Absage an das Buch. Im Gegenteil: Ich kann es nur jedem empfehlen, der sich selbst und sein Tun hin und wieder mal kritisch hinterfragen möchte. Es lässt einen nachdenken – was man letztendlich daraus macht, bleibt sowieso jedem selbst überlassen.
Eines muss ich allerdings noch sagen: Ich war fast erleichtert, als Claudia beschreibt, wie ihrem Freund am Ende ihrer gemeinsamen Reise der Kragen platzte. Sorry, meine Liebe 😉 Doch ich war manchmal kurz davor, das Buch in die Ecke zu schmeißen, weil mir das ständige Kritisieren von praktisch allem und jedem auf die Nerven gegangen ist. Das aber wirklich Tolle war Claudias Reaktion. Denn sie war nicht beleidigt, sondern gab ihrem Freund recht – ohne ihrer (neue) Überzeugung untreu zu werden. Also ja: Lest das Buch, nicht nur weil wir dieses Jahr daheim bleiben.
So und ich werde mich jetzt weiter mit der Absage unseres Urlaubs beschäftigen…
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