Es ist das erste, was wir tun, wenn wir auf die Welt kommen. Und das Letzte, wenn wir uns von hier verabschieden: Atmen. Wir können nicht ohne. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Am besten so langsam wie möglich, schließlich haben wir nur eine bestimmte Anzahl an Atemzügen in unserem Leben – heißt es im Yoga. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben indische Gelehrte schon vor Jahrtausenden von Jahren spezielle Atemtechniken entwickelt, die unter anderem darauf abzielen, den Atemrhythmus zu verlangsamen – auf acht oder sogar sechs Atemzüge pro Minute.
Kriegerin des Atmens. Ich atme nicht so wenig – zumindest nicht immer. Durch meine tägliche Yoga-Praxis ist der Atem aber mittlerweile ein unglaublich wichtiger Teil meines Lebens geworden. Auf der Matte praktiziere ich (wie so viele Yogis) die sogenannte Ujjayi-Atmung – eine gute Anleitung findest Du etwa auf Lotuscrafts. Dieses langsame Ein- und Ausatmen bei geschlossenem Mund hört sich wie ein sanftes Meeresrauschen an. Wobei die Betonung auf sanft liegt, denn die Ujjayi-Atmung sollte nie laut, rasselnd oder keuchend sein. Und es geht dabei nicht nur um das Atmen selbst, sondern um das Bewusstsein, was wir mit dieser Art der Atmung erreichen können: Es geht um Ruhe. Es geht darum, den Kopf frei zu bekommen von all den Gedanken, die wir den ganzen Tag mit uns herumtragen. Es geht darum, Körper und Geist zusammenzuführen.
Ujjayi kommt vom indischen Jaya: der Sieg. Folglich ist die Ujjayi-Atmung die „siegreiche Atmung“. Allerdings nicht weil wir uns selbst besiegen oder feindliche Gedanken niederschlagen, sondern weil wir es durch das Atmen schaffen, die Lebensenergie im Körper gleichmäßig zu verteilen. Und weil wir uns stärken, indem wir die innere Unruhe besänftigen und die äußere Unruhe außen vor lassen.
Atme Dich ruhig. Daneben hat die Ujjayi-Atmung noch positive Auswirkungen auf zum Beispiel Lunge und Verdauung. Doch für mich steht der Sieg der Ruhe im Vordergrund. Insbesondere weil ich es mittlerweile auch im Alltag schaffe, durch das Atmen Gelassenheit in mein Leben zu bringen. Ich hab manchmal das Gefühl, dass mich mein Umfeld aus dem Gleichgewicht wirft. Das Wissen, das ich mir in den letzten Jahren rund um die Atmung angeeignet habe, hilft mir dann, bei mir zu bleiben.
Und diesen Sommer hat sich das einmal mehr verfestigt – als ich über einen Zeitraum von knapp drei Monaten ein Neurofeedback-Training bei Anton Schimmler gemacht habe. Dabei habe ich sozusagen bunt auf weiß gesehen, was das Atmen in meinem Fall bewirken kann. Durch die auf dem Kopf platzierten Elektroden werden beim Neurofeedback nämlich die Hirntätigkeit in grafischen Wellen auf dem Bildschirm sichtbar gemacht. Dadurch wird einem aufgezeigt, welch unglaublich starke Regulationsfähigkeiten man eigentlich hat. Und indem man in mehreren Sitzungen immer und immer wieder sieht, was man damit bewirken kann, trainiert man den Geist, sodass man all das auch im Alltag umsetzen kann. Anton Schimmler kann das natürlich viel besser erklären, aber so zumindest habe ich Neurofeedback für mich wahrgenommen.
Du bist verantwortlich. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Therapeut (in meinem Fall also Anton) nichts weiter macht, als einem die Elektroden auf dem Kopf zu platzieren – überspitzt gesagt 😉 Natürlich redet man darüber, wie es einem geht bzw. ergangen ist, seit dem letzten Termin, bespricht das EEG, was all die „bunten Linien“ zu bedeuten hat uvm (siehe dazu unten!). Im Prinzip jedoch macht man alles selbst. Und genau das ist das in meinen Augen entscheidende. Am Ende des Tages treffen wir nämlich immer selbst die Wahl. Wir entscheiden uns – sowohl für die guten Dinge als auch für die weniger guten.
Dieses Wissen ist genial. Denn so können wir uns auch entscheiden, umzukehren, unseren Geist neu zu trainieren. Und klar, hab ich es davor schon gespürt, dass ich ruhiger werde, wenn ich mich aufs Atmen konzentriere. Dass ich es aber auf dem EEG sehen kann, dass mein Geist ruhiger wird, wenn ich bewusst atme, hat mir in gewisser Weise eine Welt eröffnet: Der Atem ist tatsächlich meine Waffe, mit dem ich die Unruhe in mir und um mich herum auf sanfte Art besiegen kann. Wo wir wieder bei der Ujjayi-Atmung wären…
PS: Natürlich positioniert der Neurofeedback-Therapeut nicht nur die Elektroden. Da ich diese wichtigen Aufgaben allerdings nicht so gut beschreiben kann, darf das Anton Schimmler selbst machen 😉 : „Von der Entscheidung, welche Areale wann und wie trainiert werden, über die Protokollauswahl, Protokollführung während der Trainings, bis zur schnellen und flexiblen Änderung und Anpassung des Trainings. Im Zentrum steht der Klient mit seinen Bedürfnissen, Ängsten, alten Mustern etc. Die genannten und noch viele andere Tätigkeiten des Neurofeeback-Therapeuten führen dann zu den von Christiane erfahrenen Erfolgen 😁🧠👍 Umfassende Kenntnisse über die Anatomie, Physiologie und auch Pathologie sind aus meiner Sicht unabdingbar um diese Tätigkeit ausüben zu können, dann steht einem gemeinsamen Erfolg nichts mehr im Wege.“
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