Glückliche Erbsen

Eigenes Handwerk leidet Not – warum eigentlich?

24.04.2020
Eigenes Handwerk leidet Not

Der Kunde ist König und seine Projekte kommen entsprechend stets an erster Stelle. Auftragsanfragen und neue Jobs nehmen wir mit einem kurzen Blick in den Kalender – und sei dieser noch so voll – an: „Irgendwie geht es sich immer aus.“ Und nein, wir machen das nicht erst, seit die Corona-Welle über unser Land geschwappt ist und wir über jeden Auftrag dankbar sind. Schon davor haben wir eigene Projekte, eigene Interessen und Wünsche nach hinten geschoben wir: Das Büro versinkt im Chaos, die Website befindet sich under construction und die Kundenakquise wird auf unbestimmte Zeit verschoben – man hat einfach zu viel um die Ohren und hofft auf Mundpropaganda und den guten Ruf, der einem vorauseilt. Da stellt sich mir allerdings die Frage: Warum ist das so? Warum leidet eigenes Handwerk so oft Not? 

Erst mal die anderen. Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass das nur bei uns Selbstständigen so ist. Auch bei Menschen in einem Angestelltenverhältnis kommt der Job oft an erster Stelle – und nicht nur wenn der- oder diejenige eine leitende Position innehat. Der Kunde und sein Projekt, aber auch ein Relaunch des Corporate Design oder die Akquise neuer Projekte gehören in ihrem Fall zwar oft zum Arbeitsalltag. Ganz nach dem Motto „erst der Job und dann das Vergnügen“, bleiben dann halt andere Dinge auf der Strecke: Familienleben und Freizeit, Gesundheit, eigene Bedürfnisse und anderes mehr. Eigenes Handwerk hat in dem Fall also schlichtweg eine andere Bedeutung. Die Frage bleibt dieselbe: Warum kommen erst die anderen, dann lange nichts und dann erst ich?

Ja, warum ist das so? Ist es reiner Altruismus? Oder pure Nächstenliebe? Sind wir tatsächlich „zu gut“ für diese Welt? Obwohl ich das gerne glauben würde – ich kann es nicht. Dann nämlich wäre diese Welt ein besserer Ort. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich alles schwarz male. Wer mich kennt und meine Glücklichen Erbsen schon länger verfolgt, weiß: Ich sehe so gut wie immer die positive Seite, auch wenn ich sie manchmal suchen muss wie die Stecknadel im Heuhaufen.

Eigenes Handwerk

Eigenes Handwerk ist eigen. Ich bin vielmehr der Meinung, dass es bei den eigenen Projekten eben um das „eigene“ geht. Wir wissen oder glauben zu wissen, dass wir es uns selbst nie oder nur schwer recht machen können. Bei unseren Kunden, bei Projekten, aber auch bei unseren Familie, unserem Partner und unseren Freunden streben wir immer danach alles richtig zu machen. Tief in uns drinnen ist uns zwar klar, dass das fast nicht möglich ist. Doch ein Versuch ist es auf jeden Fall wert. Geht es aber um uns selbst, reicht „richtig“ nicht aus. Da muss es schon perfekt sein.

Außerdem kommt dazu, dass man selbst das „Hakerl“ drunter setzen darf. Soll heißen: Im Job gibt am Ende des Tages der Auftraggeber – sei das der Kunde oder der Vorgesetzte – das OK. Die eigene neue Homepage, das Anschreiben an potenzielle Neukunden oder das Erschließen neuer Geschäftsfelder muss von uns selbst gutgeheißen werden. Genauso können wir anderen gute Ratschläge geben, wenn es um Familien- und Freizeitgestaltung geht oder darum, sich gesünder zu ernähren, mehr zu bewegen und besser zu schlafen. Bei uns selbst aber können wir die Verantwortung nicht abgeben – also fangen wir erst gar nicht an.

Leg mal los. Was aber, wenn es gar keinen Verantwortlichen braucht? Was, wenn wir „müssen“ durch „dürfen“ ersetzen? Was, wenn wir einfach mal beginnen und sehen, wie es läuft? Vielleicht zeigt sich dann ja, dass die Texte für Website, Folder und Co. schneller geschrieben und die Bilder leichter ausgewählt sind. Vielleicht zeigt sich, dass man grottenschlecht ist, wenn es um Akquise geht und diese daher mit gutem Gewissen auslagern kann. Vielleicht zeigt sich, dass es gar nicht so schwer ist, sich ausgewogen zu ernähren, dass man die Yogamatte auch zuhause ausrollen kann oder die Umgebung so viele Möglichkeiten bietet, dass man morgens eine Runde dreht – ob mit dem Fahrrad oder zu Fuß. 

Was ich damit sagen möchte: Eigenes Handwerk leidet in meinen Augen dann Not, wenn wir uns selbst zu hohe Ziele und uns dadurch unter Druck setzen. Daher werde ich mich jetzt einfach mal dran machen, die Texte für meinen neuen erbsentalk zu schreiben. Damit auch meine Unternehmensseite ganz bald neu und toll daherkommt – perfekt muss sie gar nicht sein 😉 

Leg einfach los

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