Glückliche Erbsen

Haarige Zeiten: Wenn Corona Wellen schlägt

08.05.2020
Haarige Zeiten - wenn Corona Wellen schlägt

Ja, ich habe Locken – oder sagen wir so: Ich hätte einen Lockenkopf, wenn ich mich nicht vor Jahren für kurze Haare entschieden hätte. Und ja, ich weiß eh, dass ich mich doch glücklich schätzen kann und es total unverständlich ist, dass ich mir die Haare nicht wachsen lasse, weil: Wie schön wär das denn mit all den Locken… Zumindest meinen das jene, die mit glattem und/oder wenig Haar „gesegnet“ sind. Aber wie das halt so ist im Leben: Man will immer das, was man nicht hat. Entsprechend durchlebe ich schon seit über 40 Jahren haarige Zeiten – nicht erst seit Corona. Letzteres hat mich jedoch mehr auf die Probe gestellt, als ich mir gedacht habe. Doch eines nach dem anderen.

Optimistisch in eine neue Zeit. Schon Anfang März habe ich mich auf das Plauder-Schneide-Stündchen beim Friseur meines Vertrauens gefreut. Und dann kam der Lockdown – eine Woche vor meinem Termin. Nach dem ersten Schock hat mir meine „gute Haarfee“ grünes Licht gegeben: „Klar kannst Du Deine Haare auf 20 mm rasieren.“ Voller Euphorie hab ich also dem Erbsenprinzen abends verkündet, dass er mir die Haare rasieren dürfe. Und schon kam der nächste Rückschlag: „Ich hab aber die Aufsätze weggeschmissen.“ In dem Moment war mir klar: Das werden haarige Zeiten.

Dabei war ich zu Beginn – und manchmal auch zwischendurch – sogar guter Dinge: Vielleicht wird’s ja gar nicht so schlimm! Vielleicht gefällt’s mir sogar. Vielleicht probier’ ich es doch noch mal, mir die Haare wachsen zu lassen. Allein: Die Momente waren kurz und wurden immer seltener.

Bad hair days. In den letzten Wochen hat sich die Situation dann derart zugespitzt, dass ich zuletzt nur noch mit Kopftuch vor den Spiegel getreten bin. Klar zählen die inneren Werte. Aber ich kenn ja meine und find mich eh schon richtig gut. Soll heißen: Ich darf mich voll und ganz auf mein Äußeres konzentrieren. Und das ist halt schwierig, wenn man das Gefühl hat, einen Woll-Helm auf dem Kopf zu haben – nicht nur weil ich Wolle nicht vertrage. Bis meine Haare mal nass sind, braucht es eine halbe Ewigkeit, weil es einfach so viele sind. Wenn ich sie mir nachts „verlegen“ habe, bleibt der Knick bis zum nächsten Waschgang. Und nein, ich kann nicht einfach mit der Bürste durch die Haare fahren, weil dadurch nur alles schlimmer wird – ich sag nur: Afro. 

Haarige Zeiten mit Locken

Also hab ich mich, wie gesagt, fürs Kopftuch entschieden – selbst wenn nur ich mich sehen konnte. Aus dem Haus durfte ich ja nicht – in dem Fall wohl zum Glück. Und wenn ich doch mal einen Fuß vor die Tür gesetzt habe, war ich fast komplett vermummt: Immerhin hatte ich nicht nur diesen dämlichen Mund-Nasen-Schutz vor dem Gesicht, sondern auch das Tuch auf dem Kopf. Einzig bei Online-Meetings hab ich darauf verzichtet und auf die schlechte Kamera-Qualität meiner Kunden und Partner gesetzt. 

Ich habe überlebt und seit Dienstag endlich wieder meine feine und ach so kurze Kurzhaarfrisur. Und während ich am vergangenen Wochenende schon vor Vorfreude getanzt habe, hab ich mich gefragt: Spiegeln haarige Zeiten wie diese nicht das Leben wider?

Ich hatte Momente, in denen ich mir die Haare regelrecht gerauft habe – genauso haben wir immer wieder Phase, in denen wir nicht mehr ein und nicht mehr aus wissen und am liebsten alles hinschmeißen würden. Das Problem ist halt: In so einem Zustand sind wir im wahrsten Sinne des Wortes „außer uns“ – da geht nichts weiter, selbst wenn wir es noch so sehr wollen. Oft folgt eine Zeit der Resignation, in der wir uns unserem Schicksal ergeben. Ich hab die Haare Haare sein lassen und mich mit anderen Dingen beschäftigt – ganz nach dem Motto: Kopftuch drüber. Und plötzlich kamen Einfälle und Ideen, Alternativen und neue Möglichkeiten.

Ja, der Vergleich ist womöglich etwas an den Haaren herbeigezogen. Doch geht es am Ende des Tages nicht darum, das Beste aus jeder Situation zu machen – ob aus haarigen Zeiten oder einer Krise, wie wir sie derzeit durchleben? Und ja, die bad hair days gehören bei vielen schon der Vergangenheit an. Im Hinblick auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage wird es womöglich nicht so schnell gehen. Doch wenn wir den Kopf in den Sand stecken und alles schlecht reden, wird die Zeit bis zum Aufschwung auch nicht besser – sondern nur noch haarsträubender… 

Haarige Zeiten mit Kopftuch

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