Ich mach kein Geheimnis daraus, dass ich ein Gewohnheitstier bin (wie so viele). Das ist per se auch gar nichts Schlechtes, wenngleich ich durchaus stolz bin, dass ich manche Gewohnheiten ablegen konnte, weil sie mir und meinem Seelenmuskel eher geschadet haben. Andere Gewohnheiten wiederum möchte ich gar nicht aufgeben, denn sie sind gut und tun mir gut – wie zum Beispiel das morgendliche Öl ziehen.
Guten Morgen. Generell läuft mein Morgen sehr „routiniert“ ab, um nicht zu sagen, nach einem durchgetimten Ablauf: Als passionierter Frühaufsteher steig ich um 5.30 Uhr aus den Federn und so gut wir direkt auf die Yogamatte, um Meridian-Dehnungsübungen zu machen und zu meditieren. Danach geht’s unter die Dusche und dann wird gekocht. Ja, richtig gelesen: gekocht. Denn bei mir kommen morgens bis abends so gut wie nur warme Speisen auf den Tisch.
Und während ich mir mein köstliches Frühstück zubereite, ziehe ich Öl durch meine Zähne. Dafür nehme ich einen Esslöffel hochwertiges Olivenöl in den Mund und ziehe drauf los. Im Prinzip kann man sich das wie Mundspülen vorstellen. Nur dass halt Öl zwischen den Backen hin- und hergeschoben, durch die Zähne gezogen und dabei ruhig auch geräuschvoll „herumgezuzelt“ wird. Das mag anfangs gewöhnungsbedürftig sein. Doch wer den Dreh einmal raus hat, kann nebenher alles Mögliche erledigen: duschen, sich anziehen oder eben das Frühstück machen. Nur mit dem Reden wird’s schwierig – wobei ich genau das schön finde. Denn durch das Öl ziehen wird mein morgendliches Tun ruhig.
Spuck’s aus. Nach fünf bis zehn Minuten spucke ich das Öl aus und putz mir die Zähne (während mein warmer Frühstücksreis vor sich hinköchelt). Das ist wichtig, weil sich beim Ölziehen Giftstoffe und Bakterien im Mund lösen. Da sich das Öl mit Speichel vermischt, ist es beim Ausspucken übrigens dickflüssiger, etwas heller und hat auch an Volumen zugelegt – daher nie den Mund zu voll nehmen 😉
Öl ziehen ist ein Morgenritual des Ayurveda, die vor rund 5.000 Jahren am Fuße des Himalaya begründete indische „Lebenswissenschaft“ (so die wörtliche Übersetzung aus dem Sanskrit: Ayus – das Leben, Veda – das Wissen). Es heißt, dass Ölziehen Zahnbelag verringert, Karies vorbeugt, gegen Zahnfleischbluten und Mundgeruch hilft, die Zähne festigt und sie wieder weiß bzw. weißer erscheinen lässt. Und ich muss sagen: Seit ich es jeden Morgen mache, ist die Mundhygiene bei mir ein Klacks und die wenigen Beläge lösen sich fast von alleine, sagt zumindest die Zahnarztassistentin.
Damit nicht genug soll Öl ziehen, laut Ayurveda, wie eine tägliche Entgiftungskur sein. Schließlich gelangen Giftstoffe und Bakterien gar nicht erst in den Körper, sondern werden mit dem Öl ausgespuckt. Darüberhinaus soll es sogar bei Arthritis, Migräne und Herzerkrankungen helfen.
Natürlich gibt es Stimmen, die die Vorteile des Ölziehens bezweifeln. Ob die (genannten) Effekte wissenschaftlich belegt werden können oder nicht, kann ich nicht beurteilen – schließlich bin ich keine Wissenschaftlerin. Ich weiß nur, dass auch in der TCM vieles als „wissenschaftlich nicht bewiesen“ gilt und doch bin ich davon überzeugt, dass es funktioniert – denn ich spüre es am eigenen Leib.
Probieren geht über Studieren. Im Übrigen gibt es unterschiedliche Ansichten über das genaue Vorgehen. Ich verwende, wie gesagt, hochwertiges Olivenöl, während andere auf Sesam-, Kokos-, Leinsamen- oder Sonnenblumenöl setzen. Außerdem heißt es mitunter, dass man mindestens 20 Minuten Öl ziehen sollte. Ich denke: Gerade am Anfang sollte man sich nicht selbst „überfordern“ – lieber kürzer, dafür regelmäßig. Auch liest man manchmal, dass man vorher die Zunge schaben sollte. Als „TCMlerin“ bin ich allerdings generell eher gegen das Zungenschaben, da die Zunge wie ein offenes Buch im Hinblick auf unsere Gesundheit ist – und zwar inklusive Belag.
Wie bei so vielen Dingen, darf wohl auch beim Öl ziehen jeder „seinen Weg“ finden und gehen. Probier’s mal aus und lass mich gerne wissen, wie es Dir damit geht.
Keine Kommentare