Pragmatisch? In der Welt, in der wir leben, sind wir eher darauf trainiert, das „Sichere“ zu wählen, das zu tun, was „richtig“ ist, und das „Falsche“ zu vermeiden. Wir bewerten und wollen so in ein Bild passen, das uns die Gesellschaft vorgibt und Erfolg verspricht. Oder um es in Susanna Mittermaiers Worten zu sagen: „Die Menschen möchten in die Box der Normalität passen, anstatt zu akzeptieren, dass ihr Anderssein einen Wert hat.“ Susanna Mittermaier ist Psychologin und Begründerin der Pragmatischen Psychologie.
Pragmatische Psychologie? Ich weiß schon, was pragmatisch bedeutet und hab dann zur Sicherheit (sic! 😉 ) trotzdem im Duden nachgeschaut und Folgendes gefunden: „auf die anstehende Sache und entsprechendes praktisches Handel gerichtet“. Ein Synonym ist lösungsorientiert und ich glaub, das passt besonders gut, wenn man es durch Susannas Augen sieht: „Pragmatisch bedeutet, das zu wählen, was für einen selbst wirklich funktioniert!“
Doch werden wir nicht eh schon oft von unseren Mitmenschen dazu aufgefordert, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen oder individuell zu sein? „Ja. Leider aber sind diesen Aufforderungen normalerweise Grenzen gesetzt, weil sie sich eben im Rahmen der Normalität abspielen“, sagt Susanna und plädiert dafür, dass wir unser Anderssein, mehr noch unsere Verrücktheit ausleben. Klingt für manchen nach „Ego-Trip“ – ist es aber nicht.
Wenn Susanna Mittermaier von Verrücktheit spricht, ist durchaus „richtig verrückt“ gemeint: Während die Wienerin nämlich heute als Rednerin und Bestsellerautorin auf der ganzen Welt unterwegs ist, hat sie zuvor viele Jahre in der Psychiatrie gearbeitet. Dabei hatte sie mit verschiedensten Menschen zu tun, die mit den unterschiedlichsten Diagnosen „gelabelt“ wurden. „Irgendwann wollte ich wissen, wer wirklich vor mir sitzt. Wer ist das, dem diese oder jene Diagnose zugeschrieben wurde? Und plötzlich hat sich mir ein Bild aufgetan: Diese Menschen sind einfach anders, nehmen Dinge anders wahr. Darf man sie deshalb als krank bezeichnen? Nein. Da war mir klar, dass auch ich etwas anderes möchte, dass ich raus aus der Box möchte.“
Dabei arbeitet Susanna Mittermaier nicht nur mit Menschen mit „psychisch-gelabelter Verrücktheit“, sondern vermag genauso uns „Normalen“ eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge zu vermitteln. Beispielsweise herrscht derzeit ja weltweit eine große Unsicherheit. Da schwebt etwas ziemlich Starkes über uns, das uns Angst bereitet oder manch einen sogar depressiv werden lässt. Die Frage ist nun: Wie geht man damit um? „Wer sich davor schützen möchte, baut noch mehr Widerstand auf. Anstatt darunter zu leiden, sollten wir uns auch dieses Anderssein der Welt zu Nutzen machen“, so Susanna.
Und wie das funktioniert, könnt Ihr unter anderem eben nächste Woche in Bregenz lernen! Dort nämlich bekommt man Werkzeuge, die dabei helfen, das Anderssein zu leben statt es zu bewerten. Tools, die jeder brauchen kann: Ob Menschen, die in psychiatrischer Behandlung sind/waren oder schon mal „in der Psychiatrie zu Gast waren“ (Zitat Susanna 😉 ), deren Angehörige, Therapeuten, Coachs, Trainer, Lehrer, Eltern – kurz: Menschen, die mit anderen Menschen zu tun haben. Also eigentlich JEDER. Denn Tatsache ist: Wenn wir erst einmal entdecken, wie wunderbar es ist, anders und verrückt – pragmatisch! – zu sein, und den Mut haben, es auszuleben und zu nutzen, können die Ideen so richtig sprühen. Stellt Euch nur vor, was dann alles möglich ist!
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